Die Lerntypen nach Vester. Und unsere Kritik daran. Der Mehrwert des Modells und was wir davon in den Schulalltag mitnehmen können.

Lesedauer: 7,5 Min.

Das Modell nach Frederic Vester geht davon aus, dass Menschen Informationen auf unterschiedliche Arten abspeichern. Auf dieser Grundlage teilt das Modell nach Vester Menschen in unterschiedlichen Lerntypen ein. Das Modell stammt aus den 70er und gilt mittlerweile etwas veraltet und vielfach kritisiert; gleichzeitig geht sein Werk in die 25. Auflage und zeigt uns dadurch, dass es immer noch eine gewisse Relevanz zu haben scheint.

Das Lerntypenmodell wird häufig herangezogen, um das Lernverhalten von Kindern zu erklären.Es ist recht einfach gestaltet und bekanntlich lieben es Menschen, einfache Erklärungen auf komplexe Zusammenhänge zu haben.

Bei aller Kritik, die das Modell erntet, schauen wir gemeinsam:

  • Worin liegt das Gold versteckt?
  • Wo kommt das Lerntypenmodell an seine Grenzen?
  • Was kann das Lerntypenmodell nicht leisten?

Nach diesem Artikel wirst du auf jeden Fall aufgeklärter sein, wenn andere Eltern dir etwas von dem Lerntypenmodell nach Vester erzählen.

Frederic Vester unterteilt Menschen in unterschiedliche Lerntypen auf der Grundlage ihres Wahrnehmungskanals. Also, wie merke ich mir etwas am besten? Indem ich es sehe, höre, anfasse oder kognitiv verarbeite?

Was sind Lerntypen und welche Lerntypen gibt es nach Vester?

Er behauptet, Menschen können sich unabhängig vom Schwierigkeitsgrad Dinge merken; es käme auf die unterschiedlichen Wahrnehmungskanäle an. Hierbei unterteilt er Menschen in vier unterschiedliche Lerntypen:

Betrachten wir uns diese vier Lerntypen, wird deutlich, dass sich der vierte Typ deutlich von den anderen unterscheidet.

Die Typen 1-3 nehmen die Informationen wahr und sie werden durch den Intellekt verarbeitet.

Der vierte Typ steht somit neben den anderen drei und ist nicht in eine Kategorie zu packen, obwohl Vester das behauptet. Früher oder später werden bei jedem Lerntyp die Inhalte intellektuell verarbeitet.

Außerdem behauptet Vester, dass das Wahrnehmen einer bestimmten Sache auch gleichzeitig bedeutet, dass sie gelernt und verstanden wird. Und das ist faktisch nicht der Fall.

Menschen haben jedoch einen bevorzugten Wahrnehmungskanal. Möglicherweise hast du dich selbst auch schon beobachtet, dass du dir automatisch Notizen machst und es dann im Kopf bleibt.

Wie finde ich denn heraus, welcher Lerntyp mein Kind ist?

Worauf legen Menschen mehr Wert? Ist Ihnen das ästhetische Gestalten Ihres Umfelds sehr wichtig? Dann sind sie eher visuelle Lerntypen und ihnen ist die optische Gestaltung sehr wichtig.

Oder sind sie eher auditive Lerntypen und sind bei Geräuschen total empfindlich, mögen Musik um sich herum beim Lernen.

Die Unterscheidung zwischen dem auditiven Lerntyp und dem visuellen Lerntyp ist bspw. beim Vokabel lernen recht einfach zu erkennen. Versuche dich zu erinnern, wenn du im Vokabeltest gesessen hast, wusstest du, wo das Wort stand und wie die Seite im Buch aussah oder hattest du eher im Ohr, wie das Wort sich anhörte, wie die Lehrkraft das englische Wort ausgestrichen hat.

Etwas herausfordernder wird es bei den haptischen Lerntyp herauszufinden. Denn wie oft hast du die Möglichkeit, dich im schulischen Kontext zu bewegen und bspw. einen Ball zu fangen oder zu werfen und eine bestimmte Vokabel zu sprechen? Das ist tatsächlich eher seltener der Fall.

Und schon hierbei kommen wir zur Kritik ab Vesters Modell.

Kritik an Vesters Modell

Der vierte Typ, der kognitive Lerntyp, bezeichnet keinen Wahrnehmungskanal in dem Sinne, wie es die Typen 1-3 tun. Die Einteilung ist demnach nicht ganz stimmig. Die anderen nehmen die Informationen auch wahr und verarbeiten sie dann ebenfalls kognitiv.

Demzufolge ging man wenige Jahre später nicht mehr von Lerntypen aus, sondern von Lernstilen.

Wir können erst mal festhalten:

Ja, es gibt den bevorzugten Wahrnehmungskanal, bspw., dass du dir Informationen besser merken kannst, wenn du sie siehst oder hörst; gleichzeitig ist das Kind eingebettet in ein gewisses Lern-Setting, welches nicht immer den entsprechenden Wahrnehmungskanal anspricht.

Dem haptischen Lerntyp bringt es nämlich herzlich wenig, wenn er weiß, dass er am besten durch Bewegung und Experimente lernt, wenn das Setting etwas ganz anderes ist.

Demzufolge ist es notwendig, dass das Kind Strategien entwickelt, um in diesem Rahmen lernen zu können, der nun mal vorgegeben ist.

Der haptische Lerntyp wird seine Strategien und seinen Lernstil entwickeln, der dem Setting angepasst ist und seinem Wahrnehmungskanal entspricht. Das könnte etwa sein, dass er sich seine Notizen schnappt und dabei herumläuft.

Der Lernstil ist etwas, das Menschen sich aneignen können, das sie erlernen und erproben können.

Der Lerntyp hingegen ist in sich abgeschlossen. Du wirst damit geboren, wie du Informationen verarbeitest und damit ist die Theorie auch schon zu Ende. Der Lerntyp wird dir in die Wiege gelegt. Es lässt sich daran nichts verändern.

Die Theorie der Lernstile

Die Theorie der Lernstile hingegen ist viel dynamischer. Menschen entwickeln über die Jahre hinweg und durch die Erfahrungen, die sie in unterschiedlichen Settings sammeln, die bestmöglichen Strategien, um aktiv und bewusst lernen zu können. So können sie sich verändern, anpassen und dazulernen.

Der Mehrwert des Lerntypenmodells liegt darin, sich den Wahrnehmungskanal bewusst zu machen, durch den wir Informationen am besten aufnehmen und in die Lernstrategie einbauen, die genutzt wird.

Wir schauen uns mal die ersten drei Lerntypen genauer an und was du davon in dein Zuhause übertragen kannst.

Der visuelle Typ eignet sich total gut, Mindmaps, Bilder, Vokabeln lernen mit Bildern, du arbeitest am besten mit Farben und Symbolen. Während der Klassenarbeiten können Kinder die geübten Strategien nutzen und in der Klassenarbeit anwenden, indem sie bspw. Symbole an den Rand malen.

Der auditive Lerntyp merkt sich Informationen besonders gut, wenn er sie hört. Anstatt auf ein Blatt zu starren und zu hoffen, dass die Informationen in sein Gehirn wandern. Das heißt, dein Kind darf sich Dinge laut vorlesen oder mit jemandem gemeinsam über die Dinge sprechen. 90 % können wir uns von dem merken, was wir anderen erklären. Diesen Vorteil können alle Lerntypen für sich nutzen. Die auditiven Lerntypen profitieren davon nochmals mehr. Diesen wunderbaren Hack können Kinder für sich nutzen, indem sie bspw. eine Sprachnachricht an die Großeltern schicken.

Der haptische Lerntyp lernt vor allem durch Bewegung.

Merkwörter können geübt werden, indem sie Bälle werfen oder auf dem Trampolin hüpfen. Die Bewegung kann dabei unterstützend wirken, dass das Gelernte sich festigt.

Es hilft dir total weiter, zu wissen, mit welchem Informationskanal dein Kind am besten lernt. Herausfordernd wird es bei den Hausaufgaben, wenn dein Kind da sitzt und einfach keinen Bock hat, eine Mindmap zu machen.

Das Modell der Lernpersönlichkeiten, welches wir bei klassenheld nutzen, nimmt die Motivation der Menschen genauer in den Blick.

Was bringt Menschen ins Handeln?

Was treibt Menschen an?

Das Modell geht davon aus, wenn ich etwas unbedingt lernen möchte, weil es für mich relevant ist, dann finde ich Wege, das zu lernen. Wenn ich erkannt habe, warum eine Information für mich jetzt und heute relevant ist, dann werde ich sie lernen, ganz unabhängig vom Informationskanal.

Vester nimmt das ganze Feld der Motivation nicht in den Blick. Diesen absolut wichtigen Aspekt vergisst Vester gänzlich. Der visuelle Typ kann super viele Bilder betrachten, ohne dass die eigene Motivation da ist, um diese Sache zu lernen. Dann wird der Inhalt auch durch das Betrachten der Bilder nicht gelernt. Hier kommt das Modell ebenfalls an seine Grenzen.

Wir können abschließend sagen, dass das Lerntypenmodell hilfreich ist, indem man sich seinen bevorzugten Informationskanal bewusst macht. Das Lerntypenmodell ist statisch und limitiert, dadurch, dass es davon ausgeht, dass der Wahrnehmungskanal entscheidend ist, ob Informationen gelernt werden können. Es wirkt eher limitierend auf den Menschen, wenn ich davon ausgehe, dass ich etwas weniger gut lernen oder auch gar nicht lernen kann, nur weil es nicht meinem Wahrnehmungskanal entspricht.  Das Modell der Lernstile hingegen ist dynamisch und lässt sich durch Erfahrungen und unterschiedliche Lern-Settings entwickeln. Der Wahrnehmungskanal nach Vester lässt sich in den Lernstil gut integrieren.

Wir bei klassenheld arbeiten mit dem Modell der Lernpersönlichkeiten. Dieses nimmt die Motivation eines Menschen in den Blick. Was bringt ihn ins Handeln? Das sind von Mensch zu Mensch ganz unterschiedliche Dinge. Durch das Modell der Lernpersönlichkeiten gelingt es besser, den Menschen zu verstehen und besser mit Menschen in Beziehung zu bleiben.

Lerninhalte können so angepasst werden, dass es der Lernpersönlichkeit und dessen Motivation entspricht. Und das alles, ohne dass du dich dafür auf den Kopf stellst. Du möchtest unbedingt wissen, wie du herausfindest, welche Lernpersönlichkeit dein Kind ist und was dein Kind zum Lernen antreibt.

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